"Evangelisch, rheinisch, zukunftsfähig" - Kommentar zum Präsesbericht 2022 und zu "E.K.I.R 2030" (1/6)

Es ist unverkennbar: Der neue rheinische Präses erzeugt in unserer Landeskirche Aufbruchsstimmung. Es geht ihm nicht um Stabilität, sondern um Agilität. Er schafft eine Umsetzungskultur: "Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem". Es geht Latzel "um ein Neugestalten, einen wirklichen Systemwechsel"; "wir werden diesen tiefgreifenden Wechsel aktiv mitgestalten".

 

Es dürfte kaum jemanden geben, der die Notwendigkeit eines tiefgreifenden und umfassenden Aufbruches bezweifelt. Dass wir nicht bleiben können, wo wir gerade stehen, ist wohl jedem klar. Dass wir mehr oder weniger alle, in welcher Gestalt auch immer, in uns eine tiefe Sehnsucht nach einem echten Aufbruch verspüren, dürften die meisten von uns gemeinsam haben. Insofern scheint der neue Präses in der Tat der richtige Mann an der richtigen Stelle zu sein.

 

Ein Aufbruch setzt Kräfte frei und setzt in Bewegung, oder er verschleißt Kräfte und hört schnell auf, ein Aufbruch zu sein. Was ihn blockieren könnte, ist nicht das unbekannte Ziel. Abraham, die Israeliten, die Christen des Neuen Testamentes wussten auch nicht, wo ihr Weg am Ende hinführt.

 

Was den allerdings den Aufbruch ernsthaft gefährdet, ist ein Mangel an Rechenschaft darüber, wo wir zur Zeit stehen und Unklarheit oder gar Unredlichkeit im Blick auf die tatsächliche Verfassung, in der wir uns gerade befinden. Und hier meine ich, auf mehrere Widersprüche gestoßen zu sein, die vor einem Aufbruch der Klärung und Aufarbeitung bedürfen, weil er sonst kaum gelingen wird. Ich wage die Prognose, dass jeder Versuch, aufzubrechen, schnell im Sande verläuft, wenn sie unbearbeitet bleiben. Es sind vier Fragen, die dringend der Beantwortung bedürfen:

  1. Sind wir eine Mitgliederkirche oder Volkskirche?
  2. Sind wir eine kundenorientierte Dienstleistungskirche oder eine Kirche des allgemeinen Priestertums?
  3. Sind wir eine Kirche von oben oder eine Kirche von unten?                                                           
  4. Sind wir eine managementorientierte Kirche oder eine wachstumsorientierte Kirche?

Diesen Fragen möchte ich hier nachgehen. (weiter)

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