Die Kirche abwickeln, damit sich die Kirche ereignen kann

Oberkirchenrat Henning Boecker hat im jüngsten ekir.info der Rheinischen Kirche die nächste der inzwischen ungezählten Sparrunden in der Evangelischen Kirche eingeläutet. Im Haushalt sind Kürzungen von 13 Millionen Euro erforderlich. Das besondere an dieser Sparrunde ist, dass die Kirchenleitung dieses Mal das Steuer fest in der Hand behält:

 

"Die Kirchenleitung hat... die Möglichkeit Vorschläge zu verändern oder Alternativen vorzuschlagen... Es besteht auch die Möglichkeit, dass die Kirchenleitung Vorschläge (die in den Ausschüssen vorbereitet werden, St. St.) ablehnt. Dann muss sie... Einsparungen in gleicher Höhe vorsehen." Auch die Ausschüsse "können zustimmen, ablehnen oder weitere Vorschläge machen. Danach wird die Kirchenleitung erneut beraten, entscheiden oder der Landssynode zur Entscheidung vorlegen." Zwar muss die Lanssynode im Januar 2022 der Gesamtvorlage zustimmen. Aber sie wird zu mehr nicht in der Lage sein, als sie abzunicken. Damit ist selbst die Landessynode in der Rheinischen Kirche praktisch entmachtet.

 

Damit ist jegliche Planungssicherheit für die unteren Leitungsebenen hinfällig. Eine Perspektiventwicklung ist nicht mehr möglich. Die Kirche befindet sich nun völlig im Status der Abwicklung. Und die wird sich die Kirchenleitung nicht mehr aus der Hand nehmen lassen.

 

Lassen wir uns durch die Bekenntnisschriften unserer Kirche noch einmal daran erinnern, was die Kirche ist: Sie ereignet sich dort - und nur dort -, wo das Wort Gottes ergeht und wo es gehört wird. Es deckt auf, dass wir Gott los und die Welt ohne Gott ist, wie auch Gott die Welt los ist und ohne Welt ist. Das wird sichtbar, als Jesus am Kreuz stirbt. Das Wort Gottes ist das Wort vom Kreuz. Mit dem Kreuz und dem leeren Grab tritt der Neue Bund mit uns, die wir glauben, in Kraft, durch den wir versöhnt sind und im Frieden mit Gott leben. Durch die Bundeszeichen Taufe und Abendmahl wird er vergegenwärtigt und wird der Raum geschaffen, in dem wir den Namen Gottes anrufen und uns gegenseitig in seinem Namen segnen können. Das kann im Wohnzimmer, in einer Dorfkirche, in einer Kathedrale oder sonst wo geschehen. Durch das Priestertum der Getauften sind wir alle daran beteiligt und tragen wir alle dafür Verantwortung.

 

Der Prozess der Abwicklung scheint nötig zu sein, damit sich die Kirche in diesem Sinne ereignen kann. Er ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, weil daran Menschenschicksale und Arbeitsplätze hängen und noch viel mehr. Die Kirchenleitung ist um sie nicht zu beneiden. Sie muss die Kirche abwickeln, damit sich die Kirche ereignen kann.

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