Biblische Lebenskunst in der Volkskirche (5/5): Epilog

Wenn die Kirche sich in den sozialen Medien präsentiert, sind es fast ausschließlich Pfarrerinnen und Pfarrer oder kirchleitende Persönlichkeiten. Normale Mitglieder der Gemeinden treten nicht in Erscheinung und kommen selten und allenfalls als Vorzeige-Laien zu Wort. Der bayrische Bischof und EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm meldet sich fast täglich, oft mit Videos aus dem Englischen Garten. Er hat zweifellos eine Menge Gutes und Kluges zu sagen, ist wirklich sympathisch und kommt gut rüber. Aber so lange vor allem kirchenführende Persönlichkeiten und Pfarrerinnen reden, schweigt das Volk. Wenn dieses reden soll, müssen die Funktionäre schweigen. Das wird eine lange Zeit des Schweigens werden - denn bis das Volk das Wort ergreift und den Mut dazu hat, wird's noch dauern.

 

Die hauptamtlichen Theologen gehören nicht auf die Bühne, nicht in den Vordergrund, sie sind es nicht, die sich in Szene setzen und als erste das Wort ergreifen. Das Pfarramt gehört in den Hintergrund. Da allerdings ist es unverzichtbar. Seine Aufgabe ist die Glaubens- und Gemeinde-Bildung, die Einübung der Aktiven, die Mitwirkenden in die Ausübung des Priestertum der Getauften. Die Pfarrerinnen und Pfarrer schulen, motivieren, begleiten, sammeln, vernetzen, trösten, ermutigen. Sie sind es, die die Gemeinden im Inneren zusammenhalten. Dazu müssen sie weder vor die Kameras noch vor die Mikrophone. Wenn die Geistlichen sich stets selbst in den Blickpunkt stellen, ist das nicht mehr als Ausdruck dafür, dass die Kirche sich mit sich selbst beschäftigt ist, Kirchengebäude verschlossen bleiben, das Kirchenvolk in Unmündigkeit verharrt und die Verwaltung die Kirchenleitung übernimmt.

 

Die Kirche wird am wirksamsten von denen präsentiert und repräsentiert, die mit beiden Beinen im Leben stehen, die die unterschiedlichsten Erfahrungen sammeln, die über die verschiedensten Kompetenzen, Erfahrungen und Begabungen und Leidenschaften verfügen. Das wird aber nur gehen, wenn sie im Glauben, in der Spiritualität, in der Heiligen Schrift, im Gottesdienst und in der Gemeinschaft der Geschwister den Boden finden, in dem sie Wurzeln schlagen können. Gerade dafür sind hauptamtliche, von anderen beruflichen Tätigkeiten frei gestellte, theologisch gründlich geübte und von der Gemeinde berufenen Persönlichkeiten unentbehrlich.

 

Dieses Priestertum der Getauften ist das Herz der Kirche. Von ihm geht alles Wachstum aus. Sie sind es, die den Glauben bezeugen und das Evangelium auf vielfältige Weise kommunizieren. Es müssen so viele gar nicht sein, aber sie müssen verlässlich da sein. Die Volkskirche - das war nie anders und wird nie anders sein - ist durch die kleine, lebendige, aktive Gemeinschaft derer gekennzeichnet, die die Kirche für alle anderen offenhalten. Es muss nicht das ganze Volk im kirchlichen Leben oder an jedem Sonntag im Gottesdienst stets präsent sein. Für viele reichen die Berührungspunkte aus besonderen Anlass im Kirchenjahr, im öffentlichen oder privaten Leben aus, um mit der Kirche verbunden zu bleiben.  Und das geht so völlig in Ordnung! Die kleine Gemeinschaft, die das Priestertum der Getauften wahrnimmt, sorgt mit ihrem Leben und ihrer Mitwirkung am kirchlichen Leben dafür, dass die Kirche für sie, für alle offen bleibt. Ohne sie würde der Glaube und die Verbundenheit mit der Kirche abreißen. Sie versammelt und engagiert sich stellvertretend für das Ganze des Gottesvolkes, damit das Heiligtum, der Ort der Gottesbegegnung zugänglich bleibt. 

 

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