Hausgottesdienste an Gründonnerstag, Karfreitag und Ostern

Vorschläge für die Feier von Hausgottesdienste an Gründonnerstag, Karfreitag und Ostern

 

Da auch in diesem Jahr die Feier Gottesdienste über die Osterfeiertage deutlich erschwert sind, werden wir sie häufig nur im kleinsten Kreis zu Hause feiern können.

 

Das ist nicht nur schlecht, im Gegenteil. Auf dieser Weise entdecken wir eine verloren gegangene, aber bedeutsame Dimension des Gemeindeleben wieder, die Hauskirche. Die Reformatoren haben noch mit großer Selbstverständlichkeit vorausgesetzt, dass neben den öffentlichen Gottesdiensten in den Kirchen das Gemeindeleben vor allem zu Hause stattfindet. Gemeindehäuser, wie wir sie kennen, gibt es erst seit dem 19. Jahrhundert. Der "Kleine Katechismus" Martin Luthers z. B. war ausdrücklich für den Hausgebrauch vorgesehen.

 

In den letzten Jahren und Jahrzehnten ist der Gottesdienst am Gründonnerstag, der in den evangelischen Gemeinden früher in trauriger Bedeutungslosigkeit dahin vegetierte, neu in den Blickpunkt geraten, und zwar als Gottesdienst in der Tischgemeinschaft bzw. zu Hause. Der Ursprung des Abendmahls, die Pessach-Mahlzeit, der wichtigste Gottesdienst Israels im Jahreslauf, ist auch ein in der Tischgemeinschaft zu Hause gefeierter Gottesdienst. Das wirft zwei Fragen auf.

 

Zum einen: Warum feiern wir Christen nicht auch Pessach?

 

Wir lesen doch auch die hebräische Bibel, genauso wie die griechische. Soweit die Christen Juden waren (oder heute sind), feierten und feiern sie natürlich weiterhin in jährlicher Gewohnheit Pessach. Aber die nichtjüdischen Christen haben nur die Änderungen übernommen, die Jesus am Pessach-Ritual vorgenommen hat. Wir glauben an den Gott Israels, wir lesen in den Heiligen Schriften Israels, wir beten Israels Gebete, die Psalmen. Aber wir sind nicht Israel. Pessach ist das religiöse Eigentum Israels, es gehört uns nicht. Nicht "wir" bzw. "unsere Väter" waren in Ägypten. Deswegen kann es keine "christliche Pessachfeiern" geben, wie sie in den letzten Jahren hin und wieder in evangelischen Gemeinden aufgekommen sind. Wir können das auch nicht. Stattdessen dürfen wir uns freuen, wenn wir die Gelegenheit haben, zu jüdischen Pessachfeiern eingeladen zu werden (die sind nämlich oft sehr gastfreundlich).

 

Wichtig ist allerdings, uns - auch liturgisch - stets an den Ursprung des Abendmahls und der Eucharistie im Pessach zu erinnern. Beide, Abendmahl wie Pessach, haben die gleiche Funktion: Sie holen eine jeweils entscheidende Station der Geschichte Gottes mit den Menschen in die Gegenwart. Wir sind gleichzeitig mit denen, die damals dabei waren. Im Pessach ist das die Befreiung aus Ägypten und der Bund Gottes mit Israel, im Abendmahl sind das Kreuz und Auferstehung Jesu und der Bund Gottes mit uns.

 

Und die zweite Frage: Dürfen wir denn im Hausgottesdienst Abendmahl feiern, auch dann wenn keine ordinierte Person (oder, katholisch, ein geweihter Priester) anwesend ist?

 

In der Tat hat das für die evangelische (vor allem lutherische) Kirche maßgebliche Augsburger Bekenntnis (im 14. Artikel) festgelegt, dass ein Abendmahl nur von einer ordinierten, d. h. rechtmäßig berufenen Person geleitet werden soll. Dabei war allerdings nur das Abendmahl in öffentlichen Gottesdiensten im Blick, weil mein eine andere Form des Abendmahls damals nicht kannte. Zwar hätte Martin Luther es gerne möglich gemacht, den Gottesdienst auch mit den Sakramenten zu Hause zu feiern, aber er sah die Zeit dafür noch nicht gekommen.

 

In der lutherischen (allerdings nicht in der reformierten) Tradition gibt es die Einrichtung der sog. "Not-Taufe": Wenn in neu geborenes Kind in akuter Lebensgefahr und kein Pfarrer in der Nähe war, der berechtigt gewesen wäre, die Taufe zu vollziehen, durfte diese von jeder anwesenden Person vollzogen werden (was später bei Gelegenheit vom Pfarrer zu bestätigen war). In Analogie dazu haben wir jetzt auch eine Notsituation: Wenn eine ordinierte Person nicht zur Verfügung steht, soll uns das nicht daran hindern, gleichwohl das Brot zu brechen und den Wein zu teilen. (In der katholischen Kirche gibt es in vergleichbarer Weise die Möglichkeit, mit während einer Eucharistiefeier konsekriertem Brot Kommunion zu feiern, auch wenn kein Priester da ist).

 

Das "Brotbrechen", wie ich in Anlehnung an Apg 2,42 die häusliche Abendmahlsfeier nennen würde, findet nicht in einem öffentlichen Gottesdienst, sondern im nichtöffentlichen, privaten Raum statt. Es ist also zwar im theologischen, aber nicht im kirchenrechtlichen Sinn ein "Abendmahl", das ausschließlich in öffentlichen Gottesdiensten gefeiert wird. Deswegen bestehen nach meiner Einschätzung keine Bedenken, es so zu handhaben - auch deswegen nicht, weil wir für das christliche Leben oder das Gemeindeleben, das sich im privaten Raum auf Grund eigener Initiative ereignet, - gut evangelisch! - nur dem eigenen Gewissen, aber keinem Presbyterium und keiner Kirchenleitung Rechenschaft schulden.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0