Es kann nicht nur um ein bisschen Frieden gehen.

Wenn man beobachtet, wie ehedem in den 1920ger- und 1930ger Jahren die falschen Götter immer mehr am rechten Horizont aufstiegen, dann fühlt man sich heute daran stark erinnert. Wenn man sieht, wie - heute wie damals - zur gleichen Zeit in gleichgültig-resignativem Ton die Kirchen sich immer mehr aus Öffentlichkeit zurückziehen, immer weniger ihren Anspruch behaupten, dann fragt man schon, was hier gerade geschieht. Dass verunsicherte, innerlich tief verletzte, verängstigte Menschen sich an den klaren, einfachen und eindeutigen Botschaften orientieren, an denen, die unverhohlen und unmissverständlich ihren Anspruch auf Einfluss, Autorität und Macht anmelden, das sollten wir inzwischen begriffen haben.

 

Warum können die Kirchen nicht ebenso klar, einfach und eindeutig ihre Botschaft verkünden? Warum können sie nicht ebenso ihren Anspruch auf Einfluss, Autorität und Macht anmelden? Dass das auf heftigen Widerstand stoßen wird, das ist offensichtlich. Deswegen versuchen die Kirchen, nett zu den Leuten zu sehen. Sympathisch. Achtsam. Liebevoll.

 

Nur dass das keinen beeindruckt. Weil das als Zeichen der zunehmenden Bedeutungslosigkeit gedeutet wird. Weil Kirchenleute so weitgehend ihre Ruhe haben. Sie sagen, ihr habt euren Glauben, wir haben unseren Glauben. Ist doch gut so. Wollen wir doch jeder seinen Glauben haben und nett zu einander sein. Gott ist ja im Großen und Ganzen auch ganz nett. Meistens jedenfalls. Was man jedenfalls meistens so in den Predigten hört. OK, es geht auch anders, wenn es um die Flüchtlinge auf dem Mittelmeer geht, können die bei Kirchens tatsächlich mal auf die Pauke hauen und das tut ja auch mal richtig gut.

 

Aber sonst? Sind wir nicht doch eigentlich alle so o.k., so ingesamt so? Nur eben die blöden Rechten nicht. Die sind ja nicht nett. Aber da sind wir uns ja einig, was ja auch ganz nett ist. Aber immer wollen die diese bösen, gar nicht netten Leute haben. Und uns, die wir doch so nett zu allen sind, ignorieren die. Wo doch Gott alle lieb hat.

 

Dabei war Jesus gar nicht nett. Der hat den Leuten gesagt, wo's lang geht, und zwar richtig, den Frommen, seinen Schülern, den Sündern und den Kranken. Wer sagt uns eigentlich, wo es lang geht, wenn wir unter der Kanzel sind? Oder müssen wir uns wieder anhören, wie lieb Gott zu uns ist und natürlich auch zu allen anderen?

 

Was wäre, wenn wir es wie Jesus täten, und den Leuten sagten, wo es lang geht? und nicht nur was Nettes von Gott und den Menschen? Au, da wäre aber was los. Aber das war es bei Jesus ja auch. Das war ja der Clou. Der hat gesagt, wo's lang geht, aber dann gings zur Sache. Und später ans Kreuz. Wir sollen ja nicht den lieben netten Gott predigen, sondern den Gekreuzigten. Dass Jesus gekreuzigt wurde, hat ja auch damit zu tun, dass er nicht so nett war, sondern die Wahrheit gesagt hat.

 

Wir predigen den Frieden. Aber vielleicht wollen die Menschen das gar nicht hören. Vielleicht schon deswegen nicht, weil man mit Menschen, die böse sind, keinen Frieden geben kann. Und die Leute haben kein Problem damit, weil kein Friede herrscht, sondern weil die böse sind. Wenn die nicht so böse wären, hätten wir ja Frieden.

 

Die Leute wollen von keinen Frieden, sondern die Wahrheit. Dass Wahrheit nicht immer für Frieden sorgt, ist ja ziemlich eindeutig. Aber vielleicht wäre es jetzt mal dran. Den Leuten einfach mal zu sagen, dass sie gottlos (Gott los) sind. Dass er sich längst aus seiner Schöpfung zurückgezogen hat. Das sehen die natürlich ganz anders. Sie werden empört sein. Wer lässt sich schon sagen, dass er Gott los ist?

 

Aber dann fragen die auf einmal: "Wie kann Gott das zulassen?" Plötzlich ist Gott an allem schuld. Wir sollten besser fragen: Wie kann Gott das zulassen, dass wir immer noch leben? Dass die Welt immer noch existiert? DAS ist doch die eigentlich spannende Frage. Ja, sie haben ihn gekreuzigt, die bösen Menschen, Jesus ist - auf welche schreckliche Weise! - gestorben und die leben immer noch. Kann es mit denen Frieden geben? Kann man zu denen lieb und nett sein?

 

Wenn wir den falschen Göttern am rechten Horizont mit Frieden kommen, lachen die nur. Für die sind wir nur harmlos. Aber wenn wir denen mit der Wahrheit kommen - dann geht aber die Post ab. Dann hört die Gemütlichkeit plötzlich auf. Genau darum geht es. Entweder treten wir mit den Anspruch auf, die Wahrheit zu sagen oder wir schalten uns am besten lieber ab. Die rechten Götter am falschen Horizont sind ein Signal dafür, dass wir zu gemütlich oder vielleicht auch zu feige sind, die Wahrheit anzusagen oder wenigstens die Frage nach der Wahrheit zu stellen. Und moralische Empörung, wie kann man nur, ist nicht die Wahrheit sagen. Ich wage zu behaupten: Wenn wir bisher dabei geblieben wären, wenn wir klar gewesen wären, wenn wir nicht annähernd nachgelassen hätten, die Wahrheit zu sagen, dann hätten die nicht ansatzweise die Chance der Machtergreifung, die sie jetzt offensichtlich haben.

 

Aber noch ist die Zeit ja nicht abgelaufen. Gerade die Kirchen, die katholische wie evangelische, gerade sie haben jetzt noch immer die Chance, ganz klar zu werden, ganz eindeutig und ganz wahr. Es kann nicht lediglich um ein bisschen Frieden gehen. Sondern um die Wahrheit. Um die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.

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