Altenberg: Evangelische Andacht zur Fronleichnamsprozession

In Altenberg ist es schon lange Tradition, dass die Prozession am Fronleichnamstag Station am Martin-Luther-Haus macht. Meine Andacht aus diesem Anlass war zugleich mein "Abschied" von den Altenberger Katholiken:

 

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater und unserm Herrn Jesus Christus!

 

Liebe Schwestern und Brüder, ich grüße euch herzlich und danke euch, dass ihr auch in diesem Jahr auf eurem Weg mit Christus hinaus in die Öffentlichkeit der Welt Station am Martin-Luther-Haus macht.

 

Martin Luther übrigens würde sich freuen, wenn er dass hier sähe. Er mochte Prozessionen nicht, weil er sie als frommes und verdienstliches Werk ansah, das im Widerspruch zur Rechtfertigung allein aus Gnade durch den Glauben stand.

 

Aber heute würde er etwas anderes sehen: Nämlich eure klares und öffentliches Bekenntnis zu Christus, dem Mensch gewordenen Wort Gottes vor aller Welt. Daran hätte er Freude gehabt.

 

Daran wird zugleich deutlich, wie sehr wir aufeinander angewiesen sind, wenn es darum geht, vor aller Welt Christus zu bekommen. Wir können das nur noch gemeinsam. Es geht nicht mehr, wenn jeder seine eigenen Wege geht.

 

Es stellte sich ja kurz nach den Ereignissen der Reformation für kurze Zeit die Frage, ob die römisch-katholische Kirche sie überleben würde. Aber dann setzte das Geschehen ein, dass ich im evangelischen Religions- und Geschichtsunterricht als “Gegen-Reformation” kennen gelernt haben. Wir haben damals mehr oder weniger lernen sollen, dass es sich dabei angeblich um den Versuch gehandelt hat, die Reformation rückgängig zu machen - was ein völliges Missverständnis war. Auch die katholische Kirche blickt auf ihre eigene, grundlegende Reformation zurück. Das Konzil von Trient oder auch das zweite vatikanische Konzil wären ohne die Vorgeschichte der Reformation nicht denkbar - aber sie haben auch zu neuen, starken katholischem Selbstbewusstsein geführt - und auch dazu, dass wir uns zunehmend nicht als Konkurrenten, sondern als Partner verstehen müssen und es ja auch tun.

 

Wir achten unsere gegenseitigen Traditionen - aber wir wissen auch, dass wir ohne einander nicht auskommen. Und das wir uns gegenseitig nachhaltig geprägt und beeinflusst haben. Man braucht nur die vielen Lieder evangelischen Ursprungs im Gotteslob und die nachhaltige Prägung unseres Gottesdienstbuches durch die katholische Liturgik wahrnehmen, dann wird dies deutlich.

 

Am Sonntag habe ich in meiner Predigt gesagt, dass es keinen Grund gibt, dass wir uns als Volkskirche aus dem gesellschaftlichen Leben zurückziehen. Im Gegenteil! Es zeichnet sich, so schätze ich das ein, immer deutlicher ab, dass wir als katholische und evangelische Kirche in dieser Gesellschaft bitter nötig sind. Lasst uns gemeinsam mit Christus in die Öffentlichkeit gehen - und dafür brauchen wir uns gegenseitig. Diese Christus-Prozession ist ein sinnfälliges Zeichen dafür. Sie gehen gewissermaßen mit Christus auf die Straße.

 

Man könnte sagen, dass die Verantwortung de evangelischen Kirche darin liegt, dass das Wort Gottes hörbar wird. Die Verantwortung der katholischen Kirche liegt dann darin, dass es sichtbar wird. Beides gehört zusammen. Zu hörbar werden gehört das sichtbar werden und umgekehrt.

 

Am Sonntag haben wir ein Lied gesungen, dass aus Schweden stammt und das ich gerne singe und dass sehr schön anschaulich macht, worum es geht. Das möchte ich ihnen vortragen:

 

Strahlen brechen viele aus einem Licht. Unser Licht heißt Christus. Strahlen brechen viele aus einem Licht – und wir sind eins durch ihn.

Zweige wachsen viele aus einem Stamm. Unser Stamm heißt Christus. Zweige wachsen viele aus einem Stamm – und wir sind eins durch ihn.

Gaben gibt es viele, Liebe vereint. Liebe schenkt uns Christus. Gaben gibt es viele, Liebe vereint – und wir sind eins durch ihn.

Dienste leben viele aus einem Geist, Geist von Jesus Christus. Dienste leben viele aus einem Geist – und wir sind eins durch ihn.

Glieder sind es viele, doch nur ein Leib. Wir sind Glieder Christi. Glieder sind es viele, doch nur ein Leib – und wir sind eins durch ihn.

 

Liebe Schwestern und Brüder, sie wissen vielleicht, dass dies heute mein letzter Arbeitstag ist. Ich möchte es aber nicht mit Hape Kerkeling halten - “Ich bin dann mal weg” - sondern eher mit Trude Herr: “Niemals geht man so ganz”. Deswegen verabschiede ich mich auch nicht. Ich werde hier Gemeindeglied bleiben und bin ehrenamtlich auch weiter aktiv.

 

Euch allen möchte ich aber für die gute, respektvolle und aufmerksame Zusammenarbeit danken und ich möchte die Namen derer nennen, mit denen ich gemeinsam aktiv werden durfte, und einige von ihnen sind ja auch hier. Das sind Pfr. Monsignore Johannes Börsch, Kaplan Thorben Pollmann, Diakon Raimund Scheurer, Pfr. Temur Bagherzadeh, Pfr. Michael Ottersbach, die beiden Direktoren von Haus Altenberg Mike Kolb und Tobias Schwaderlapp, Pfr. Sergej Ivannikov, Katechetin Anne Brandt, Pastoralreferent Christoph Schmitz-Hübsch, das religionspädagogische Team an Gymnasium und Realschule in Odenthal und nicht zuletzt Weihbischof Ansgar Puff, mit dem ich ja zuvor viele Jahre und mit vielen Aktivitäten in Düsseldorf-Oberbilk die Ökumene gepflegt habe (ich hoffe, ich habe jetzt niemanden vergessen). Danke für die selbstverständliche, wertschätzende und engagierte Zusammenarbeit!